Künstliche Intelligenz verändert die Handelskommunikation grundlegend. Immer mehr Händler setzen auf KI, um Texte zu erstellen, Trends zu analysieren oder Videos zu produzieren – effizienter, schneller, personalisierter.
Vor allem zur Texterstellung, Recherche und Medienbeobachtung werden KI-Tools im Handel genutzt. Zu dem Schluss kommt das Anfang Mai veröffentlichte Whitepaper „Fake News versus Vertrauen – KI in der Kommunikation der Handelsbranche“ des Kölner Handelsforschungsinstituts EHI. Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig, doch mit ihnen wachsen auch die Herausforderungen – insbesondere rund um Vertrauen, Qualität und Transparenz.
„In zwei Jahren hat sich die Zahl der Handelsunternehmen verdoppelt, die KI in ihrer Unternehmenskommunikation einsetzen, und die Tendenz ist weiter steigend“, erklärt Ute Holtmann vom EHI: „Die Vorteile durch Zeit- und Kostenersparnis sind einfach zu überzeugend.“ 63 Prozent der befragten PR-Profis schreiben der KI eine große oder sehr große Bedeutung für die Unternehmenskommunikation zu; in fünf Jahren sehen sogar 98 Prozent einen solchen Stellenwert.
Die häufigsten Einsatzbereiche
Grundsätzlich sehen sich die PR-Verantwortlichen gut vorbereitet für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Aktuell sind dies die häufigsten Einsatzbereiche im Handel:
- Texterstellung: 87 Prozent der Händler nutzen KI-Tools für Pressemitteilungen, Webtexte oder Social Media. Und das mit Erfolg: Die Qualität der Ergebnisse wird von 90 Prozent als gut oder sehr gut bewertet.
- Recherche und Medienbeobachtung: 60 Prozent lassen KI-Quellen prüfen oder Markttrends analysieren – etwa über automatische Clippingdienste.
- Bild- und Videoerstellung: 40 Prozent nutzen generative KI auch für Grafiken oder Präsentationen – wobei hier die Bewertungen der Qualität stark auseinandergehen.
Auch für Übersetzungen, zur Ideengenerierung und zur Vorbereitung von Präsentationen wird KI im Handel zunehmend verwendet.

Die internationalen Unternehmen sind dabei die Vorreiter. Amazon lässt Dienstleistungen für die vielen Händler auf seinem weltweiten Online-Marktplatz mittlerweile von Künstlicher Intelligenz (KI) erzeugen. Dazu zählen neben Produktbeschreibungen auch Marketingtexte, Bilder und Werbung. In Europa nutzen demnach bereits über 30.000 Verkäufer diese Funktionen. Laut Amazon erzielen KI-generierte Anzeigen eine bis zu 20 Prozent höhere Klickrate im Vergleich zu traditionellen Werbemitteln.
Auch Trigema setzt auf KI: Die Werbe-Kultfigur, der Affe „Charly“, wurde mithilfe künstlicher Intelligenz zum digitalen Markenbotschafter weiterentwickelt – ein Schritt, der Tradition mit Innovation verbindet.
Wachsende Bedeutung für die Kommunikation
KI wird damit zur strategischen Zukunftstechnologie – auch im Mittelstand. Am meisten schätzt die überwiegende Mehrheit der PR-Profis die Arbeitserleichterung und Zeitersparnis durch KI. Kostenersparnis goutieren zwei Drittel. Mehr als die Hälfte der Befragten glaubt, dass der KI-Einsatz auch zur Umsatzsteigerung beitragen kann.
Durch Effizienz und Tempo der neuen Tools schafft KI Freiräume: Redaktionen und Kommunikationsabteilungen können sich stärker auf Strategie, Storytelling und Beziehungspflege konzentrieren. Gleichzeitig ermöglicht sie eine zielgerichtete und personalisierte Ansprache über unterschiedliche Kanäle hinweg – ein wichtiger Hebel im zunehmend digitalen Kundenkontakt.
Laut EHI sagen 84 Prozent der PR-Experten, dass KI ihre Effizienz und Produktivität deutlich gesteigert hat. Besonders im Omnichannel-Handel ist das ein Vorteil: Produktkommunikation kann schneller angepasst, Inhalte kanalübergreifend orchestriert und Feedback automatisiert ausgewertet werden.
Die Risiken: Fake News, Bias, Intransparenz
Die Kehrseite der Technologie wird ebenfalls klar benannt: 82 Prozent der PR-Verantwortlichen im Handel sehen die Verbreitung von Falschinformationen als größte Gefahr. Den zweiten Platz der negativen Hitliste nimmt das Thema Bias ein (71 Prozent) – also die Beeinflussung und Verbreitung von vorherrschenden Vorurteilen, die von der KI übernommen werden. Dies kann dazu führen, dass man in der Händlerkommunikation falsche Entscheidungen trifft.

Weitere 68 Prozent kritisieren zudem die mangelnde Nachvollziehbarkeit in der Funktionsweise der Tools. Die Intransparenz der Informationsquellen, die KI nutzt, und die Möglichkeit der gezielten Manipulation werden von rund zwei Dritteln der Befragten als problematisch angesehen.
Diese Risiken sind besonders relevant, da Vertrauen in der PR das höchste Gut ist. Ein KI-generierter Fehler oder unreflektiert übernommener Inhalt kann nicht nur das Image schädigen, sondern auch mediale Krisen auslösen. Echte Kontrolle – etwa durch Faktencheck, menschliches Gegenlesen und Verantwortungsbewusstsein – bleibt also unerlässlich.
Regeln und Schulungen: Noch Luft nach oben
Trotz der hohen Verbreitung gibt es Nachholbedarf bei der internen Regelsetzung: Nur 42 Prozent der Unternehmen haben bislang Schulungen oder Weiterbildungen zur KI-Nutzung in der PR durchgeführt, 32 Prozent haben keine konkreten Pläne dafür. Standards für Transparenz, Kennzeichnung oder ethische Leitlinien fehlen vielerorts – obwohl der Deutsche Rat für Public Relations bereits 2023 eine Richtlinie zum Einsatz von KI veröffentlicht hat, die Transparenz und Verantwortlichkeit einfordert.
Das Potenzial der neuen Technologie entfaltet sich nur, wenn Unternehmen die Technologie nicht als Ersatz, sondern als Werkzeug begreifen: redaktionell begleitet, klar reguliert und strategisch eingebettet. Vor allem aber sollte man sich Gedanken machen, wofür man die KI-Tools überhaupt benutzen möchte, um so den Einsatz zu priorisieren.
Empfehlenswerte KI-Tools
Einen Überblick über 22 KI-Anwendungen für Firmen hat das Unternehmermagazin „Impulse“ in einem aktuellen Beitrag aus dem März 2025 vorgestellt. Neben dem omnipräsenten ChatGPT wird für das Schreiben von Marketingtexten unter anderem Copy.ai empfohlen.
Zu den weiteren gelobten KI-Tools für Marketing und Kommunikation zählt zum Beispiel Zigmund: Diese Anwendung analysiert das Kundenverhalten und erstellt ein psychologisches Profil für jeden Besucher der Internetseite. Auf dieser Grundlage schreibt das Tool Produktbeschreibungen oder formuliert vorhandene Texte um. Und Vista Social kann Beiträge für verschiedene Social-Media-Kanäle erstellen, aber auch Bildunterschriften, Kommentare und Antworten verfassen. Auch zahlreiche KI-Werkzeuge für Videos, Bilder und Musik, für Recherche und Datenaufbereitung, sowie zum Entwickeln von Ideen werden in großer Zahl vorgestellt.

Viele der KI-Tools sind kostenpflichtig, aber meist nicht sehr teuer. Viele sind in eingeschränkter Form auch kostenlos nutzbar. Gerade, wenn man nicht jeden Tag Werbebotschaften produziert, lohnt sich die kostenlose Basisversion. So können die bekannten KI-Bildgeneratoren wie Stable Diffusion und Midjourney kostenlos genutzt werden. Die Grundfunktionen des Grafikprogramms Canva sind ebenfalls kostenlos.
Das Magazin „Impulse“ empfiehlt, neue Tools zunächst mit einer kleinen Gruppe von Anwendern oder in einem Pilotprojekt zu testen, bevor sie KI-Tool im gesamten Team eingeführt werden. Ebenso wichtig sind die Themen Sicherheit der Geschäftsdaten und Urheberrecht.
Fotos und Illustrationen: Adobe Stock, Midjourney