Betriebliche Gesundheitsförderung zahlt sich aus: Die Zahl der Fehlzeiten sinkt, die Bindung zum Unternehmen steigt. Zehn wirksame Maßnahmen für Händler und Dienstleister, die nicht viel Geld kosten.
Das Café „Hofmann & Sohn“ öffnet um sechs. Am Tresen stehen zwei Mitarbeiter, im Minutentakt gehen Kaffees und Brötchentüten über die Theke. Um neun legt Inhaberin Sabine Hofmann eine „bewegte Pause“ ein: zwei Minuten Schulterkreisen, dann einmal tief durchatmen und kurz an die frische Luft. Seit sie feste Mikropausen eingeführt und die Arbeitsplätze ergonomisch angepasst hat, klagen die Beschäftigten seltener über Rücken und Nacken. Die Maßnahme kostete fast nichts – brachte aber spürbar Ruhe in den hektischen Vormittag.
Warum sich betriebliche Gesundheitsförderung lohnt
Gesundheitsförderung ist kein Luxus, sondern einfache Routine – besonders in kleinen Betrieben. Wer mit Mikropausen, Ergonomie und Impfaktionen startet und Führung wie Stressprävention nachzieht, senkt Ausfälle, stärkt die Bindung zum Betrieb und schafft ein ruhigeres Arbeiten im Alltag.
Dies ist umso wichtiger, weil der Krankenstand in vielen Firmen hoch ist. 2023 entfielen 19,5 Prozent der Fehlzeiten auf Muskel- und Skeletterkrankungen, 15,4 Prozent auf Atemwegserkrankungen und 11,9 Prozent auf psychische Erkrankungen. Im Jahr 2024 lagen die Krankschreibungen bis August auf historisch hohem Niveau. Das belastet kleine Betriebe besonders.

Die gute Nachricht: Gesundheitsförderung ist nicht nur sinnvoll, sie wird auch politisch flankiert. Der Staat unterstützt Arbeitgeber nach § 3 Nr. 34 Einkommensteuergesetz mit bis zu 600 Euro pro Mitarbeiter und Jahr steuerfrei – für qualitativ gesicherte Maßnahmen der Gesundheitsförderung nach § 20/20b Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Gerade kleine Unternehmen können sich zusätzlich durch die Koordinierungsstellen zur Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) der Krankenkassen kostenfrei beraten lassen.
Bei großen Firmen oft schon Standard
Wie verbreitet sind Angebote? Insbesondere bei großen Firmen gehören Leistungen wie Impfungen, Sehtests und Bewegungsförderung wie After-Work-Sport zum Standard. Zugleich zeigt eine aktuelle Studie der Techniker-Krankenkasse (TK): Nur etwa ein Viertel der Organisationen verfügt über ein ganzheitliches BGM; am häufigsten umgesetzt werden Arbeitssicherheit, Betriebliches Eingliederungsmanagement und Versorgungsmanagement. Angebote zum „Gesunden Führen“ sind seltener. Julius Kühn, Betriebliches-Gesundheitsmanagement-Berater der TK, mahnt: „Wir müssen Gesundheitsförderung aus Sicht der Mitarbeitenden denken: individuell, flexibel und interaktiv.“

Dabei können Maßnahmen helfen, die sich ohne großen Aufwand und mit geringen Kosten umsetzen lassen:
- Bewegte Mikropausen fest einplanen: Aufstehen, Schulter und Nacken mobilisieren, einmal ums Haus gehen. Solche Bewegungsangebote am Arbeitsplatz gehören zu den häufig genutzten Maßnahmen. Ein A4-Blatt mit sechs bis acht Übungen neben der Kasse oder im Backoffice genügt. Zwei bis drei Minuten pro Stunde reichen.
- Ergonomie-Quick-Check an Kasse und Bildschirm: Monitor auf Augenhöhe, rutschfeste Fußmatten am Tresen, Greifwege verkürzen. Kleine Hilfsmittel wie Fußstütze, Handgelenkauflage und Kabelmanagement kosten wenig, beugen aber der häufigen Fehlzeitenursache „Rücken/Bewegungsapparat“ vor. Nutzen Sie die kostenfreie Ergonomie-Beratung vieler Krankenkassen.
- Sehtests und Bildschirmbrillen koordinieren: Mit einem örtlichen Optiker am besten eine jährliche Sehtest-Aktion vereinbaren; bei Bedarf informiert der Betriebsarzt. Sehtests sind verbreitet und für Bildschirmtätige zentral. Wichtig: Kommunikation, dass die Teilnahme in der Arbeitszeit möglich ist.
- Impfaktionen mit Arzt oder Apotheke: Grippe- oder Kombi-Impfungen lassen sich in 30-Minuten-Slots vor Dienstbeginn organisieren. Impfungen sind eine häufig genutzte Maßnahme und reduziert Ausfälle im Fall von Infektwellen.
- Rückenfit und Heben-Schulungen am Arbeitsplatz: Kurze Einweisungen für richtiges Heben und Tragen, plus Zehn-Minuten-Rückenübungen im Team. Dies lässt sich digital als Webinar oder vor Ort machen.
- Stressprävention in kleinen Dosen: Wöchentliche 20-Minuten-Einheiten zu Achtsamkeit oder Atemtechniken, ergänzt durch eine klare Pausenregel – zum Beispiel „mittags 30 Minuten ohne Diensthandy“. Digitale Angebote wie Webinare und Apps nutzen.
- Rauchfrei-Programm mit Anreiz: Starten Sie eine freiwillige Gruppe, bieten Sie einen zertifizierten Kurs an und bezuschussen Sie den Abschluss. Solche Maßnahmen sind steuerfrei bis 600 Euro pro Kopf möglich, wenn die Qualitätskriterien nach SGB V erfüllt sind.
- Gesunde Verpflegung: Kostenloses Wasser, saisonales Obst am Wochenanfang, ein Snack-Kodex, sogar eine Kooperation mit dem Bistro nebenan für ein gesunde Speisen – vieles ist möglich.
- „Gesund führen“ für Team- und Filialleitungen: Kurzworkshops zu wertschätzender Kommunikation, Planbarkeit von Schichten und fairer Aufgabenverteilung organisieren. Führung wirkt auf Gesundheit und Bindung. Allerdings sind solche Maßnahmen selten – hier liegt Potenzial.
- Checks mit Beratung, nicht nur Messen: Blutdruck- und Blutzucker-Kurzcheck sollte in Verbindung mit individueller Kurzberatung und Folgeangebot erfolgen – zum Beispiel einem Bewegungskurs. So erfüllen Aktionen leichter die Förder- und Steuerkriterien; reine Screenings wie Gesundheits- und Vorsorgeuntersuchungen ohne verknüpfte Intervention sind steuerlich nicht begünstigt; steuerfrei sind qualitätsgesicherte Präventions- und BGF-Leistungen gemäß § 3 Nr. 34 Einkommensteuergesetz.
So gelingt der Start – in drei Schritten
Als erstes sollten Sie den Bedarf in Ihrem Betrieb ermitteln. Machen Sie dazu eine kurze anonyme Befragung zu Belastungen und Wünschen. Seien Sie transparent und teilen Sie die Ergebnisse offen mit. Wählen Sie im zweiten Schritt zwei Maßnahmen aus, zum Beispiel Mikropausen und Sehtests. Holen Sie das Feedback der Belegschaft ein und planen Sie dann gegebenenfalls weitere Maßnahmen. Drittens: Förderung nutzen. Nehmen Sie Kontakt zur BGF-Koordinierungsstelle auf. Beachten Sie die steuerliche 600-Euro-Grenze und setzen Sie auf zertifizierte Angebote.
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